Die vor einem Standesamt in Italien erfolgte Auflösung einer Ehe ist in Deutschland als Ehescheidung anzuerkennen, selbst wenn anders als in Deutschland ein Gericht an dieser Eheauflösung nicht beteiligt war.
Gemäß Art. 21 Abs. 1 der Brüssel-IIa-Verordnung (VO-EG 2201/2003) sind die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.
In Italien ist eine Eheauflösung allerdings durch bloße Bescheinigung durch einen Standesbeamten möglich, während es nach deutschem Recht zwingend der Beteiligung des Familiengerichts bedarf. Man könnte daher der Ansicht sein, dass die in Italien erfolgte standesamtliche Eheauflösung als Privatscheidung einzuordnen sei mit der Folge, dass diese nicht vom der Brüssel-IIa-Verordnung erfasst sei. Für den italienischen Standesbeamten bestehen nämlich keine Prüfungskompetenzen, die den nach deutschem Recht geltenden Anforderungen an das gerichtliche Scheidungsverfahren gerecht werden.
Der EuGH stellte nun aber klar, dass mit dem Begriff „Entscheidung“ nach der Brüssel-IIa-Verordnung alle Entscheidungen erfasst werden unabhängig davon, ob sie in einem gerichtlichen oder in einem außergerichtlichen Verfahren getroffen werden. Wenn das Recht eines Mitgliedstaates – wie hier Italien – die Zuständigkeit nicht einem Gericht, sondern einer Behörde zuweist, dann muss die Entscheidung dieser Behörde in allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden.
EuGH, Urteil vom 15.11.2020, Az: C-646/20