§ 16 OWiG regelt den sog. rechtfertigenden Notstand, wonach es im Einzelfall zwecks Abwendung einer akuten Gefahr z.B. für das Leben gerechtfertigt sein kann, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen. Das Eintreten von Wehen bei einer Schwangeren alleine begründet allerdings nicht einen solchen rechtfertigenden Notstand. Sollten hingegen plötzliche Schmerzen auftreten, die den Verlust des Kindes nach sich ziehen könnten oder das Leben der Schwangeren gefährden, ist dies ein Rechtfertigungsgrund für eine Geschwindigkeitsüberschreitung. In einem solchen Fall muss jedoch immer begründet werden, warum kein Notarzt gerufen werden konnte und die Rettungsfahrt selbst durchgeführt wurde.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat beispielsweise bei einem werdenden Vater von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen, als dieser auf der Fahrt von seinem Büro zu seiner schwangeren Frau das Tempolimit überschritt. Das Gericht stellte darauf ab, dass der Betroffene zum Wohle seiner schwangeren Frau gehandelt hätte, die bereits eine nicht unkomplizierte Frühgeburt erlebt hatte (Oberlandesgericht Karlsruhe, AZ.: 2 Ss 33/01).
Anders hat das Oberlandesgericht Hamm in einem Fall entschieden, in dem der werdende Vater mit 205 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften vom Büro zum Krankenhaus aus Sorge um seine schwangere Frau fuhr. Diese hatte zwar nach den Feststellungen des Gerichts eine medizinische Vorgeschichte (mehrere Fehlgeburten), befand sich jedoch zum Zeitpunkt des Geschwindigkeitsverstoßes bereits im Krankenhaus und somit in ärztlicher Behandlung (Oberlandesgericht Hamm, AZ.: 5 Ss OWi 493/08).
Festzuhalten bleibt damit, dass ein Fahrer auf der Fahrt zum Krankenhaus mit seiner schwangeren Frau grundsätzlich die erforderliche Richtgeschwindigkeit einhalten muss. Ausnahmen können nur dann gelten, wenn Komplikationen auftreten, die eine Gefahr für Leib und Leben der Mutter oder deren Kind bedeuten. In diesen Fällen kann das Gericht von einer Strafe absehen oder diese reduzieren.